6-Minuten-Crashkurs
Das Wichtigste über Marketing in 6 Minuten
Marketing

Das Wichtigste über Marketing in 6 Minuten

Stefan Wittwer
12/1/2021
6-Minuten-Crashkurs

Marketing ist eine unglaublich breite – und daher oft auch missverstandene – Disziplin. Entgegen umgangssprachlichem Gebrauch geht es nämlich nicht nur um Werbung, sondern um viele Themen rund um Kunden, Märkte und Wettbewerber. Wir erklären in sechs Minuten Lesezeit, womit sich ein „Chief Marketing Officer“ befasst – mit Checklisten, wie du im Marketing-Aufbau für dein Startup vorgehen kannst.

In dieser Serie betrachten wir die wichtigsten Aufgaben, die in einem Startup erfüllt werden müssen, und geben Quereinsteigern einen nützlichen Plan, wie sie im Aufbau der jeweiligen Bereiche in einem Jungunternehmen vorgehen können.

Vorweg sollten wir klären, was Marketing genau bedeutet. Über die Jahrzehnte haben sich in den Wirtschaftswissenschaften unterschiedliche Definitionen eingebürgert. Im Kern haben alle gemeinsam, dass das Marketing die Beziehung zwischen Angebot („Was wir verkaufen“) und Nachfrage („Was Kunden wollen“) gestaltet und das Unternehmen somit in irgendeiner Form auf einem Markt platziert.

Marketing ist die "Brücke" zwischen Kunden und Unternehmen.

Diese Brücke zwischen der Firma und den Kunden schlagen wir über die verschiedenen Aufgabenbereiche, die in den Bereich des Marketing fallen, beispielsweise:

  • Product (Produktpolitik)
    Welche Produkte sollten wir anbieten? Wie können wir Kundenwünsche besser abdecken? Wie heben wir uns von Konkurrenten ab?
  • Price (Preispolitik)
    Welche Preisstrategie wählen wir? Bevorzugen wir höhere Margen oder mehr Marktanteil?
  • Promotion (Kommunikationspolitik)
    Wie informieren wir Neukunden über unser Angebot? Welche Werbemassnahmen funktionieren für unsere Zielgruppe?
  • Place (Distributionspolitik)
    Wie können Kunden unser Angebot beziehen? Betreiben wir Ladengeschäfte oder verkaufen wir nur über Online-Kanäle?

Diese vier Hauptbereiche werden häufig als „4 Ps des Marketing“ bezeichnet und ergeben in der Summe den klassischen „Marketing-Mix“, der alle Aufgaben umfasst, mit welchen die Marketingziele erreicht werden sollen. Es gibt auch neuere Erweiterungen dieses Modells, zum Beispiel das 7-P-Marketing-Modell, in denen weitere Bereiche berücksichtigt werden.

Eine Marketing-Managerin befasst sich also mit strategischen Fragen in diesen Themenbereichen, setzt Ziele und ergreift konkrete Massnahmen wie Werbekampagnen oder Produktanpassungen, um diese Ziele langfristig zu erreichen.

Produkt, Preis und Wettbewerb

Eine Kernaufgabe ist die Auseinandersetzung mit Produkt- und Preisfragen. Da das Unternehmen nicht in einem Vakuum besteht, muss dabei auch die Marktsituation (z.B. Entwicklung, Konkurrenten) berücksichtigt werden. Ein Produkt oder die Firma im Markt exakt dort zu positionieren, wo bereits andere Unternehmen erfolgreich dieselbe Politik verfolgen, ist in vielen Fällen nicht sinnvoll.

Beispielhafte Einteilung von Wettbewerbern nach Ebenen Price/Performance bis Premium/Lifestyle und "Just good enough" bis "Superior Quality/Expertise". Adaptierte Grafik eines Lehrbuchs.
Beispielhafte Positionierung in der Kaffeebranche

Deshalb muss sich das Marketing damit auseinandersetzen, welche Wettbewerbsstrategie das Unternehmen verfolgt und wie es sich in einem Bereich einen Konkurrenzvorteil (günstiger, höhere Qualität, spezialisierter, innovativer, bessere Kundenbetreuung, digitaler, etc.) verschaffen kann.

Beispiele einiger Wettbewerbsstrategien nach Porter: 1. Umfassende Kostenführerschaft: Durch einen hocheffizienten Einsatz der finanziellen Mittel kann ein Kostenvorsprung zum Wettbewerbsvorteil werden. Mit diesem Kostenvorsprung lassen sich tiefere Preise anbieten, höhere Margen abschöpfen oder die Qualität zu gleichbleibendem Preis verbessern. Ein klassisches Beispiel sind Billig-Airlines, die Kosten sparen, indem sie z.B. auf teure Erbringung von Komfort verzichten und ihre Flotte viel effizienter nutzen. 2. Differenzierung: Durch Vorsprünge in Design, Image, Qualität, Service, Technologie und anderen Elementen kann ein Unternehmen sein Angebot aus Sicht der Kunden differenzieren. Dadurch erhält die Unternehmung einen Wertschätzungsvorteil.  Sie kann dadurch höhere Preise verlangen oder durch die Kundenwertschätzung mehr Produkte zum gleichen Preis verkaufen. 3. Konzentration auf Schwerpunkte: Hier beschränkt sich das Unternehmen auf ein sehr eingegreztes Marktsegment (Bedienung einer Nische). Auch hier ist eine Differenzierung, eine situative Kostenführerschaft oder eine Kombination daraus möglich. Wettbewerbsstrategien nach Porter, 1980. Dies ist bei Weitem keine abschliessende Liste für mögliche Positionierungsstrategien.

Eine Schwierigkeit dabei ist es, langfristige Vorteile zu schaffen, die von Konkurrenten oder Neueintretenden schwer kopiert werden können und idealerweise auch auf andere Märkte übertragen werden können. Beispielsweise fokussiert sich Dyson auf Innovation in Lufttechnik, die nicht nur in ihren bekannten Staubsaugern, sondern auch in Föhnen oder Luftreiniger angewendet werden kann. Ein anderes Beispiel wäre Nespresso, die ihre Lock-in-Strategie mit Kapselmaschinen auch auf den Teemarkt erweitert haben.

Wie Dyson ihren durch Technologie geschaffenen Wettbewerbsvorteil auf weitere Märkte erweitert hat. (Grafik von Dyson)

Eine im Wettbewerb gut positionierte Unternehmung kann dann ihre Preisstrategie wählen:

  • In der kostenbasierten Preissetzung wird von den Produktionskosten ausgegangen und diese um eine Marge erhöht, um Selbstkosten zu decken und Gewinne zu erzielen.
  • In der wertbasierten Preissetzung werden die Preise primär anhand der Zahlungsbereitschaft der Kunden gesetzt.

Damit ein höherer Preis im Vergleich zu Konkurrenzanbietern verlangt werden kann, müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein und die Unternehmung muss ihre Versprechen auch langfristig einhalten können. In diesen Fällen ist die Zahlungsbereitschaft in der Regel höher:

  • Das Angebot ist neuartig und verwendet beispielsweise eine neue Technologie.
  • Das Angebot bietet im Vergleich zu anderen einen klaren Mehrwert, der von Kunden geschätzt wird (z.B. besserer Kundendienst, höherer Komfort)
  • Das Angebot hat eine hohe Nachfrage, bei der die Anbieter kaum nachkommen.
  • Es handelt sich um ein Luxusangebot.
  • Das Produkt ist durch ein Patent geschützt.

Was zu tun ist

Werbung und Auftritt

Diejenige Aufgabe, die mit dem gängigen Sprachgebrauch von „Marketing“ am ehesten gemeint ist, ist wohl die Kommunikationspolitik. Sie bestimmt, wie für das Unternehmen und seine Produkte geworben wird.

Der Werbeauftritt muss zwingend mit den Entscheidungen für die Produktpolitik abgestimmt werden, da sonst das „falsche“ Produkt oder an die falsche Zielgruppe vermarktet wird. Werbung und Auftritt sollen den Kunden klarmachen, wie sich die Unternehmung positioniert.

Ein verbreitetes Modell in der Werbung ist das AIDA-Modell – die Abkürzung steht für Attention (Aufmerksamkeit), Interest (Interesse), Desire (Verlangen), Action (Handlung):

AIDA-Modell: Attention, Interest, Desire, Action

Es beschreibt somit die Aufgaben, die Marketingkommunikation erfüllen muss.

  • Attention: Werbebotschaften müssen zunächst aus der täglichen Informationsflut herausstechen und Aufmerksamkeit erlangen, z.B. durch auffällige und kreative Werbeanzeigen.
  • Interest: Die Werbebotschaft soll dann ein tieferes Interesse des Konsumenten wecken, damit sie eher in Erinnerung bleibt.
  • Desire: Mit emotionalen Aussagen (Lebensfreude, glückliche Gesichter, soziale Anerkennung, etc.) und rationalen Botschaften (Vorteile, Qualität, Preisvorteile, etc.) kann die Werbung ein Verlangen beim Kunden auslösen, das Produkt zu besitzen oder die Dienstleistung zu nutzen.
  • Action: Mit einer Handlungsaufforderung („Call-to-Action“) soll das Verlangen in eine Kaufaktion übergehen, zum Beispiel mit einem Kauflink, der in den Online-Shop führt.

Die Marke ist ein weiteres Werkzeug im Werbearsenal, das die Kaufentscheidung für Konsumenten weiter vereinfacht, weil sie verschiedene Angebote desselben Anbieters mit früheren Erfahrungen, Meinungen im Internet und der gefühlten „Persönlichkeit“ des Unternehmens in Verbindung bringen können. So kann ich nur von der Marke Apple beispielsweise bereits auf einige Eigenschaften eines neuen Produkts schliessen, auch wenn ich nur wenige Informationen darüber weiss. Diese Marken werden oft auch mit emotionalen Aussagen oder gewünschten Verbindungen beladen. Zum Beispiel hat Nike ihre Marke über jahrzehntelange Werbung in vielen Köpfen mit den Ideen Athletik und sportliche Errungenschaft verbunden, auch wenn sie eigentlich nur Kleidung und Schuhe verkaufen.

Ein ikonisches Beispiel für gelungene Markenführung: Das Symbol eines Schuhhändlers ist durch jahrzehnte langes Messaging in vielen Köpfen mit viel mehr Assoziationen aufgeladen worden.

Deshalb ist die Markenpflege und das Abstimmen des Unternehmensauftritts (z.B. Branding, Sprachstil, Storefronts) eine zentrale Aufgabe des Marketings. Eine Marke entsteht in den häufigsten Fällen nicht über Nacht, sondern durch langes, wiederholtes Bewirtschaften der Markenaussagen und dem Kommunizieren der Werte nach aussen.

Was zu tun ist

Distributionspolitik

Die Distributionspolitik umfasst die Gestaltung des Vertriebs zwischen dem Unternehmen und den Kunden. Je nach Kundenerwartungen, Kosten und Entwicklungen im Markt sollte die Distribution unterschiedlich gestaltet werden. Hier einige wenige Beispiele für Distributionsarten.

Distribution durch Intermediäre

Angebote können zum Beispiel über einen Intermediär wie z.B. Grosshändler verkauft werden. Dabei kaufen diese Zwischenhändler das Produkt der Unternehmung ein und verkaufen es in ihren Läden. Damit lassen sich im Vergleich zum Betreiben eines eigenen Ladengeschäfts oder eigener Lager- und Versandlogistik Fixkosten sparen, aber man überlässt die Kontrolle über die Distribution an Dritte und macht sich auch gewissermassen abhängig.

Direct-to-Consumer

Unternehmen können auch direkt an Konsumenten verkaufen. Somit können sie die ganze „Customer Journey“ kontrollieren und ein optimales Markenerlebnis garantieren. In der Regel ist damit aber auch mehr Aufwand verbunden, da die Bestellabwicklung und mehr Logistik durch das Unternehmen abgewickelt werden müssen.

Mögliche Direct-to-Consumer-Kanäle sind:

  • Betreiben eigener Ladengeschäfte oder Dienstleistungsfilialen
  • Online-Shops oder Plattformen, um Dienstleistungen online direkt zu beziehen
  • Telefonverkauf

Lizenzierung und Franchising

Bei Unternehmen, die vor allem Technologien entwickeln, ist die Lizenzierung oft ein verbreiteter Teil des Geschäftsmodells. So entwickelt das Unternehmen ARM Limited beispielsweise Prozessortechnologien, produziert und verkauft aber selbst keine Prozessoren. Sie lizenzieren lediglich ihre Technologie an andere Prozessorhersteller, die dann Prozessoren mit dieser Technologie herstellen können.

Eine ähnliche Methode ist das Franchising, bei dem der Franchisegeber (oft) keinen eigenen Verkauf betreibt, sondern lediglich die Nutzung eines umfassenden Geschäftskonzepts mit Ausstattung, Angeboten, Marke, etc. gegen eine Franchisegebühr erlaubt. Die bekanntesten Unternehmen mit Franchisemodell sind Fast-Food-Ketten wie McDonald’s, Burger King oder Subway.

Beispiel für Kosten eines Franchisenehmers bei Subway® Schweiz (Informationen von Subway IP Inc.)

Was zu tun ist

Auf geht's

Jetzt hast du einen groben Überblick über einige der zentralen Aufgaben im Marketing. Dieser Beitrag ist natürlich bei weitem nicht abschliessend, aber soll einen einfachen Einstieg ins Thema ermöglichen.

Wenn du in deinem Startup ein Marketingkonzept aufbauen sollst, kannst du die aufgelisteten Tasks in diesem Beitrag als Anhaltspunkt nutzen und diese durcharbeiten, um einen groben Plan zu gestalten.

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